Lebenslauf von Adolf Krapf, Maler
Autor: Otto Gerber
Adolf Krapf wurde am 16.8.1901 im Kanton Thurgau geboren. Er war das 6. von 9 Kindern der Eltern Albert und Maria Krapf-Friedrich. Aufgewachsen war er in Bürglen TG, einem kleinen Weiler bei Sulgen. Die Eltern lebten in äusserst bescheidenen Verhältnissen, sodass die Ausbildung der meisten ihrer Kindern auf der Strecke blieb. Schon früh entdeckte Adolf seine Leidenschaft als Kunstmaler. Für die Bestreitung der Lebenshaltungskosten für sich und die Eltern bzw. seiner Geschwister deutete dieses Talent jedoch auf eine brotlose Zukunft hin. So musste er schon sehr jung, vermutlich unter dem Druck der finanziellen Not, in einer örtliche Metzgerei das spärliche Geld verdienen. Für einen sensiblen Künstler musste ein solcher Beruf einer psychischen Vergewaltigung gleichkommen. Damals wurden die Tiere noch mit brachialer Gewalt getötet, was oft ein empfindlicher Leidensweg für die zu schlachtenden Wesen bedeutete. Ich könnte mir vorstellen, dass Adolf als feinfühliger Mensch diese Schlachtarbeiten nur unter grösster psychischer Belastung bewältigen konnte. Schon als junger Bursche malte er zum Ausgleich meist harmonische Landschaftsbilder, aber auch Tiere und andere Objekte. Seine Schwester, geb. 1912, (meine Mutter) erzählte mir früher, dass Adolf ein ausgezeichneter Schwimmer gewesen war. Oft frönte er diesem Hobby im relativ nahe gelegenen Rhein. Die offizielle Version, die in der Familie kursierte, war, dass er mit etwa 19 Jahren im Rhein ertrunken sei. Man fand ihn nicht mehr, sodass er als verschollen galt. Somit wäre sein Leben mit weniger als 20 Jahren bereits zu Ende gewesen. Vielleicht stimmt diese Überlieferung. Rein aus dem Bauchgefühl heraus regte sich in meinen Gedanken stets eine andere Möglichkeit. Ich sah immer wieder das Bild vor mir, dass ein hochbegabter junger sensibler Mensch in der Zwangsjacke des Metzgereiberufes, verstärkt durch den Familiendruck, dieser Lebenssituation nicht mehr gewachsen war. Sollte er tatsächlich ein guter Schwimmer gewesen sein, macht das Ertrinken im Rhein keinen Sinn. Er musste die Tücken eines fliessenden Flusses gekannt haben. Konnte er dem Druck aus dem Elternhaus und im Beruf nicht mehr widerstehen ? Flüchtete er irgendwohin aus seinem "familiären und beruflichen Gefängnis". Lebte er seiner eigentlichen Berufung entsprechend irgendwo unter anderem Namen weiter ? Fragen, die wir nicht mehr beantworten können. Leider gab es seinerzeit die Fernsehsendung "Bitte melde Dich" noch nicht. Was bei verschiedenen Familienmitgliedern geblieben ist, sind einige wenige Werke seiner Malkunst als Ausdruck seiner grossen Intuition. Bis heute konnten wir kein Licht in die familiären Verstrickungen bringen. Der bekannte Deutsche Familienpsychologe Bert Hellinger hat in seiner langen Tätigkeit bei den Zulus in Südafrika beobachtet, dass bei verschwundenen Personen jemand seiner Nachfolger im Familienkreis etwas unbewusst übernimmt, etwas das verschwiegen wird und nie ans Licht kam. Eine Nichte von Adolf, Richarda Rudin - Krapf, 1949, ist meines Wissens der einzige Mensch in der engeren Familie, welcher mit der Malerei als äusserst begabte Künstlerin mit dem Talent des verschollenen Onkels gleichgesetzt werden kann.
Vielleicht gibt es noch Menschen, die aus irgend welchen Gründen ein Bild von Adolf zu Hause aufgehängt haben, oder dass ein solches unter dem Staub im Estrich das fast vergessene Relikt mit dem verschwundenen Künstler selbst teilt. Es wäre schön, etwas mehr darüber zu erfahren.